30.6.06

Im CD-Wechsler (9/2006)

***1/2 – Sally Spring, „Mockingbird“ (Sniffinpup)
Sally Spring war bislang nicht bekannt. Dabei sei sie a folk-rock legend in the New York and Los Angeles music scenes during the 70s and early 80s, sagt ihre Website. „Mockingbird“ sei ihr viertes Album; die drei früheren sind ohne Jahrgangsangabe auf der Website abgebildet, und die Schwarzweissfotos darauf sehen schon ziemlich alt aus. Nun, „Mockingbird“ ist ein schönes Folk-Album, teils mit leicht rockigen Tönen. Gute Stimme, starker Gesang. Die meisten Songs sind von Sally Spring geschrieben, dazu gibt es unter anderen „Hickory Wind“ von den Byrds, und Gene Parsons spielt auch mit. Unter den Gästen sind zudem Tift Merritt, Marshal Crenshaw und Caitlin Cary.

***1/2 – Brigitte DeMeyer, „Something After All“ (33rd Street)
Brady Blade, der Drummer in Emmylou Harris’ Spyboy-Band, hat das Album von Brigitte DeMeyer produziert und für die perkussiven Elemente auch selbst Hand angelegt. Brigitte DeMeyer ist eine Singer/Songwiriterin aus der Gegend von San Francisco, die ansprechende Songs schreibt und eine gute Stimme hat. Produzent Blade stellte ihr unter anderen Buddy Miller, Emily Saliers, Steve Earle und Daniel Lanois zur Seite. Zu Beginn vermag das Album einen gewissen Sog zu entwickeln – der Sound ist dicht, der Gesang eindringlich. Doch gegen Ende plätschern die Songs – bis auf Steve Earles „More Than I Can Do“, Buddy Millers „You Wrecked Up My Heart“ und „Latter Days“ von Over The Rhine alle von DeMeyer geschrieben – ein bisschen beliebig dahin.

**** – The Yahoos, „Put The Hammer Down“ (Lakeside Lounge)
Und wieder einmal ein Album der Kategorie „Gaspedal runter und ab auf den Highway“. Dan Baird (ex Georgia Satellites), Eric „Roscoe“ Ambel (ex Del-Lords), Drummer Terry Anderson (Terry Terry Anderson and the Olympic Ass-Kickin Team) und Bassist Keith Christopher (ex Georgia Satellites) lassen es ordentlich krachen. Solider Südstaaten-Rock mit einem Augenzwinkern.

**** – Sir Douglas Quintet, „Live From Austin, Tx“ (Austin City Limits, 1981) (New West)
Der viel zu früh von uns gegangene Doug Sahm mit der 80er-Version des Sir Douglas Quintet in Hochform. Mit Augie Meyers und Johnny Perez vom Original-Sixties-Quintet sowie Alvin Crow und Speedy Sparks. Der Live-Mitschnitt der TV-Show „Austin City Limits“ vom 21. Januar 1981 beginnt mit dem Hit „Mendocino“ und endet mit dem Hit „She’s About A Mover“. Dazwischen 15 weitere Songs, darunter etwa Butch Hancocks „I Keep Wishing For You“, Doug Sahms Hippie-Hymne „Groover’s Paradise“, Augie Meyers’ „Goin’ Down To Mexico“, „Who’ll Be The Next In Line?“ von den Kinks, Alvin Crows „Tonite, Tonite“ und Roky Ericksons „You’re Gonna Miss Me“. Grosse Klasse!

14.6.06

Im CD-Wechsler (8/2006)

****1/2 – Bob Delevante, „Columbus and the Colossal Mistake (A Collection of Songs and Photographs)“ (Relay)

Was für Songs! Das Titelstück, dann „Circles Round Me“, „Fly Home To“, „Venice Is Sinking“ bleiben rasch hängen in den Gehörgängen, und dann kommt erst noch der definitive Ohrwurm: „Texarkana State of Mind“, am Schluss noch in einem anderen Mix wiederholt. Es ist das vierte Album von Bob Delevante, die ersten beiden realisierte er in den Neunzigern mit seinem Bruder als The Delevantes, das erste Soloalbum Ende 1999. Bob Delevante ist nicht „nur“ Musiker, sondern auch Grafiker und Fotograf; der neuen CD liegen fünf Fotopostkarten bei. Nichts gegen die Schwarzweissbilder, aber die Musik gefällt mir bedeutend besser: ein runder Americana-Mix mit teils stark bluesigen und rockigen, dann wieder mehr folkigen Akzentuierungen. Unterstützt wird Songschreiber, Sänger und Gitarrist Delevante unter anderen von Fats Kaplin an Banjo, Fiddle und Pedal steel, von Garry Tallent am Bass, von Southside Johnny an der Harmonica sowie Buddy Miller und Kenny Vaughn mit ihre Gitarren und der Stimme von Emmylou Harris. Und zu den „ordentlichen“ elf Songs gibts übrigens neben der erwähnten „Texarkana“-Variante auch eine Americana-Version des Ramones-Klassikers „Blitzkrieg Bop“.

**** – Eric Hisaw, „The Crosses“ (Saustex Media)
Eric Hisaw aus Las Cruces, New Mexico, hat, wie John Conquest in seinem Magazin 3rd Coast Music so schön schreibt, the soul of a poet and the heart of a rock & roller. Auch sein neues Album bringt starke Songs in Countryrock-Sound, elf neue eigene plus Taj Mahals „Further On Down the Road“.

*** – Commander Cody & His Lost Planet Airmen, „Texas Roadhouse Favorites“ (Live 1973) (Music Avenue)
„Live From Deep in the Heart of Texas“ von Commander Cody & His Lost Planet Airmen war tief in den Seventies eines meiner Lieblings-Livealben. Die absolut virtuose Mischung aus Rock ’n’ Roll, Country und Western Swing dieser ebenso witzigen wie kompetenten Hippie-Combo war damals für mich als Zwanzigjährigen – neben der damals wie heute unwiderstehlichen Emmylou Harris – einer der Auslöser für mein Interesse an Country music. Die Band war damals in ihrer Bestbesetzung mit Bill Kirchen, bis heute einer meiner favorite Gitarristen, Billy C. Farlow, Andy Stein, Bruce Farlow usw.: Commander Cody a.k.a. George Frayne (piano, vocals), Billy C. Farlow (lead vocals, harmonica, trumpet), Bill Kirchen (lead guitar, vocals, trombone), John Tichy (rhyhtm guitar, vocals), Bobby Black (pedal steel guitar), Andy Stein (fiddle, sax) „Buffalo“ Bruce Farlow (bass, background vocals) und Lance Dickerson (drums). Das Live-Konzert einer abgespeckten Version der Band, das ich in den frühen Achtzigerjahren im damaligen Lone Star Cafe in New York sah und hörte, war zwar durchaus ein Erlebnis, hatte aber nicht die Qualität und Intensität des legendären Texas-Konzerts.
Die neue CD „Texas Roadhouse Favorites“ bringt nun die auf der LP fehlende Hälfte jenes wilden Konzerts aus dem Jahr 1973 in Austin, Texas. Offenbar hatte die Band das als Doppelalbum geplant, die Plattenfirma wollte dann aber nur eine einfache LP machen. „Blue Suede Shoes“, „Down and Out“, „Milk Cow Blues“, „Hard Headed Woman“, „Hot Rod Lincoln“, „Lawdy Miss Clawdy“ und „Jailhouse Rock“ gehören zu den insgesamt 13 Tracks. Und das macht immer noch Spass.