22.10.05

Im CD-Wechsler (Woche 41-42 / 2005)

****1/2 – Pieta Brown, «In The Cool» (Valley Entertainment)
Schon ihr Debüt vor drei Jahren war stark. Da war sie aber vor allem noch «die Tochter von Greg Brown». Schon bald wird man wohl zu diesem begnadeten Singer/Songwriter aus Iowa sagen, er sei der Vater von Pieta Brown. Denn mit dem neuen Album hat sie einen grossen Schritt in Richtung der Lucinda-Williams-Liga gemacht. Pieta hat das Album zusammen mit dem Gitarristen Bo Ramsey, der auch schon für Lucinda Williams und öfter für Greg Brown arbeitete, aber auch selber Platten macht, produziert. In den Ardent Studios in Memphis wurde der oft recht bluesige Sound live eingespielt.

**** – Wayne Scott, «The Weary Way» (Full Light)
Besser spät als nie. Wayne Scott ist 71, und «The Weary Way» ist sein erstes Album. Wayne Scott ist der Vater von Darrell Scott, der in Nashville ein bekannter Songwriter und Multiinstrumentalist ist; er schrieb unter vielen anderen zwei Hits für die Dixie Chicks. Er hat das Album seines Vaters produziert, der nicht verstehe, warum er diese Aufnahmen habe machen wollen. Nun, wir Hörer verstehen es. Das Leben von Wayne Scott, aufgewachsen als elftes von dreizehn Kindern auf einer Tabakfarm in Kentucky, drehte sich um Arbeit, Familie, Kirche und Musik – in dieser Reihenfolge, merkt Sohn Darrell an. Hätte die Musik weiter vorne gestanden, hätte aus Wayne Scott ein Grosser werden können. Denn sowohl in seinem Songwriting wie in seinen Interpretationen scheinen Qualitäten auf, wie man sie etwa von einem Hank Williams oder einem Johnny Cash kennt. Scott machte in seiner Freizeit immer Musik. Und auch öffentlich: Er spielte in Dancehalls und Bars Country-Hits nach, die eigenen Songs behielt er jedoch für sich. Gut, dass ihn sein Sohn jetzt zu diesen Aufnahmen nötigte.

**** – Katy Moffatt, «Up Close & Personal» (Fuel)
Eine Wahnsinnsstimme, die mich schon viele Jahre begleitet. Vor allem live ist Katy Moffatt, inzwischen 55-jährig, schlicht grossartig. Dies zeigt dieses neue Album mit einem Live-Mitschnitt von 2002 in Albuquerque, New Mexico. Eine Stimme, die unter die Haut geht, dazu eine akustische Gitarre. Und gleich zwei Titel, die auf der Liste meiner hundert Lieblingssongs stehen würde, wenn ich die einmal aufschreiben würde: Ihr zusammen mit Tom Russell geschriebenes «Walking On The Moon» und «Further» von David Halley (wo ist bloss dieses grosse Talent abgeblieben?).

**** – Cowboy Junkies, «Early 21st Century Blues» (Zoe)
Es ist der Anfang des 21. Jahrhunderts, und es herrscht Krieg auf dieser Welt. Da kriegen die kanadischen Cowboy Junkies den Blues. Auf ihre unnachahmliche berührende Art setzen sich Sängerin Margo Timmins und ihre Brüder in eigenen Songs, vor allem aber Coverversionen, mit der Gewalt auf dieser Welt auseinander. «Licence To Kill» von Bob Dylan macht den Auftakt, zwei Springsteen-Songs, «Handouts In The Rain» von Richie Havens und «I Don’t Want To Be A Soldier». Dies alles im für die Cowboy Junkies so typischen, hauchfeinen Slowmotion-Americana-Sound, der seit Jahren viel kopiert wird, was aber nur all zu oft als «Country auf Valium» herauskommt.

***1/2 – Jimmie Dale Gilmore, «Come On Back» (Rounder)
Jimmie Dale Gilmore, ein Drittel der legendären Flatlanders, ist nicht nur ein begnadeter Singer/Songwriter. Mit seiner extrem näselnden Stimme ist er auch ein wunderbarer Interpret klassischer Countrysongs. Auf seinem neuen Album singt er Lieder, die er in seiner Jugend in Lubbock, Texas durch seinen Vater kennenlernte, geschrieben oder berühmt gemacht von Stars. Wie : Songs die von Stars wie Johnny Cash, Ernest Tubb, Hank Snow und Ray Price.

*** – Bobby Purify, «Better To Have It» (Proper)
In den Sixties gehörte das Duo James & Bobby Purify zu den Grössen des Rhythm & Blues und Soul. «I’m Your Puppet» war der grösste Hit des Duos, ein Song von Dan Penn und Spooner Oldham. Dan Penn war es denn auch, der den inzwischen 66-jährigen Ben Moore alias Bobby Purify aus der Versenkung holte und mit ihm – und Spooner Oldham und vielen anderen Cracks aus jener Zeit – ein wunderbares, warmes Soulalbum aufnahm. Penn zeichnet für fast alle Songs, die Produktion, die Aufnahmen und den Mix verantwortlich. Produzentenlegende Jerry Wexler vergleicht Purify in den Liner Notes mit Grössen wie Percy Sledge und Otis Redding.

*** – The Farmers, «Loaded» (Clarence)
The Beat Farmers gehörten in den Achtzigerjahren zu den führenden Countryrock-Bands. Jetzt sind sie zurück, nennen sich kurz noch The Farmers – und bringen ein Album voll spielfreudigem Countryrock. Mal rocken sie los wie einst die Georgia Satellites, mal werden sie leicht psychedelisch, mal klingts mehr nach Country, mal mehr nach Pop. Ein abwechslungsreiches, aber dadurch auch wenig profiliertes Album.

Keine Kommentare: